
Abschied nehmen von 1.000 PS
war Johannes letzter Wunsch.
Unser Verein -Rollende Engel- wurde kürzlich vom Roten Kreuz verständigt, dass ein 48jähriger Familienvater im Sterben liegt und noch einen ganz großen letzten Herzenswunsch hat.
Er möchte so gerne noch einmal mit der Familie, seinen Freunden und Vereinskollegen in seine Werkstatt fahren. Dorthin, wo er jahrelang an seinem Drag Race Car geschraubt hat.
Die Zeit drängte, denn er ist schwerkrank und seine Kräfte werden stündlich weniger.
Unser Team war wenige Stunden nach der Alarmierung durch das Rote Kreuz vor Ort und holten Johann von zuhause ab. Sichtlich gezeichnet von seiner Krankheit, aber voller Vorfreude wurden wir von ihm und seiner Familie willkommen geheißen. Er freut sich und kann es kaum erwarten, dass die Wunscherfüllung beginnt.
Während der Fahrt berichtet er über sein Hobby, dass Drag Race. Er erzählt über seinen VW Golf 1, der nun 1.000 PS besitzt und mit dem er viele Rennen gefahren hat. Wir wurden ein wenig neidisch, denn unser Wunschfahrzeug besitzt gerade einmal 160 PS. Doch die Fahrt gestaltet sich sehr nett und wir kommen rasch ans Ziel – zu seiner Werkstatt.
Dort erwarten ihn bereits seine Familie, Freunde, Nachbarn und natürlich sein „Schrauber-Team“. Ca. 50 Personen sind zusammengekommen, um mit Johannes noch einmal einen schönen letzten Tag verbringen zu können. Sie applaudieren, als wir ihn auf der Trage aus unserem Auto bringen und jeder begrüßt ihn sehr liebevoll. Wir fahren in die Werkstatt hinein und da steht nun der ganze Stolz von Johannes. Sein Drag Race Car! Wunderschön auf Hochglanz poliert und bestens für den heutigen Empfang vorbereitet.
Es gibt viel zu besprechen mit den Freunden und immer wieder fließen Tränen. An Alles haben die Freunde gedacht und heizen extra für den heutigen Tag den Griller an. Auch unser Fahrgast genießt ein paar Bissen von einer leckeren Käsekrainer. Alles scheint so perfekt! Doch der Schein trügt. Jeder weiß, wie es um Johannes steht.
Deshalb möchten sie ihm noch einmal das größte Geschenk machen und schieben das Drag Race Car auf den Vorplatz der Werkstatt. Wir alle versammeln uns um das Auto und es wird extra noch einmal für ihn gestartet. Es ist sehr laut. Man hört die 1.000 PS und man riecht das Methanol. Doch nicht das Methanol bringt bei alle Angehörigen Tränen in die Augen, sondern in diesem Moment wird jedem bewusst, dass es das letzte Mal sein wird, wo Johannes sein Auto hört.
Daher hat sich auch sein 19jähriger Sohn bereit erklärt, selbst als Pilot hinter das Steuer zu setzen und Gas für Papa zu geben. Er kämpft mit den Tränen, ist aber ein verdammt starker und liebevoller junger Mann und macht seine Aufgabe hervorragend.
Nach wenigen Minuten und voller Lautstärke wird das Auto abgeschaltet. Man hört nur noch die Gäste weinen. Es ist die Zeit gekommen, wo unsere ehrenamtlichen Wunscherfüller auch Angehörige trösten und in den Arm nehmen.
Am Nachmittag kommt es zum Abschied nehmen und alle Gäste versammeln sich in der Werkstatt. Jeder nimmt einzeln Abschied von ihm und jeder kämpft mit den Tränen. Es ist sehr emotional und auch unserem Team gehen diese Szenen sehr nahe.
Wir fahren mit der Trage zu unserem Auto und bei der Abfahrt applaudieren die Gäste ein letztes Mal.


