„Einmal noch dorthin, wo ich aufgewachsen bin“
10. Oktober 2022
Es erreichte uns eine dringende Wunschanfrage von Michael.
Er lernte vor mehr als acht Jahren in seiner Arbeit einen Mann kennen, der niemanden mehr auf dieser Welt hat. Ein Mann, der ganz alleine ist und der sich nichts sehnlicheres wünscht, als eine Familie zu haben. Menschen, die ihn mögen. Menschen, die für ihn da sind und die ihm das schöne Gefühl vermitteln, gebraucht zu werden.
Daher beschlossen Michael und seine Frau, diesen Mann bei ihnen zuhause im Mühlviertel aufzunehmen. Er zog bei ihnen ein und half bei der Arbeit kräftig mit. Walter lebte sich rasch ein und war bald ein richtiges Familienmitglied.
Doch vor einem Jahr erkrankte Walter so schlimm, dass ihn die Ärzte für austherapiert erklärten. Er möchte in kein Krankenhaus mehr. Er möchte nur noch in Ruhe zuhause in seinem Pflegebett sein. Dies ermöglichen ihm Michael und seine Frau. Sie kümmern sich liebevoll um ihn. In der Nacht stehen die beiden alle zwei Stunden auf, verabreichen Walter seine Medikamente, damit er die Schmerzen erträgt. Sie machen einfach alles, um ihm den Weg über die Brücke so schön wie möglich zu gestalten.
Kürzlich äußerte er den Wunsch, noch einmal an den Ort zu fahren, wo er damals seine Kindheit verbrachte. Walter wuchs in einer Baracke nähe Grieskirchen auf. Diese möchte der 75jährige noch einmal sehen. Daher kontaktierte Michael den Bürgermeister um herauszufinden, wo diese Baracken standen. Dies wurde schnell geklärt, doch wie sollen sie Walter in seinem Zustand dort hinbringen?
Michael kontaktierte unseren Verein -Rollende Engel- und binnen zwei Tagen standen unsere ehrenamtlichen Wunscherfüller Iris, Susanne & Florian vor ihrem Haus. Sie fanden einen sehr schwachen, fast nicht mehr ansprechbaren Fahrgast vor. Man sah ihm die Schmerzen an und dass das Ende sehr nahe ist. Er begrüßte unser Team und äußerte selbst noch einmal seinen letzten Wunsch.
Es wurde beschlossen, die Wunschfahrt durchzuführen und das Team startete die Fahrt nach Hofkirchen. Walter blickte aus den Fenstern und schlief teilweise wieder ein.
Nach einer Stunde Fahrzeit kamen sie am Wunschort an. Die Sonne schien vom Himmel und Walter öffnete ganz weit seine Augen. Eine Anrainerin kam spontan mit Bildern auf uns zu. Sie zeigte uns Bilder von 1969 mit den Baracken. Walter lächelte ein wenig und schien glücklich zu sein.
Nach einem kurzen Aufenthalt ging es wieder retour nach Hause. Walter´s Atmung wurde immer ruhiger und sein Puls wurde langsamer.
Zuhause angekommen durften wir uns von unserem Fahrgast verabschieden. Aber auch Walter flüsterte uns noch zu: „Danke, dass ihr gekommen seid! Danke, dass ihr mir meinen letzten Wunsch erfüllt habt! Jetzt werde ich in Ruhe meine letzte Reise antreten können!“
Wir wünschen den Familienangehörigen alles Gute und viel Kraft und ziehen unseren Hut vor Michael und seiner Frau, die so großartiges leisten.